Mittwoch, 31. August 2022

Rezension: "Die verlorenen Töchter" von Hannelore Hippe

Im Herbst 1970 wird in einem Tal in der Nähe von Bergen die verkohlte Leiche einer Frau gefunden. Den Ermittlern gelingt es nicht, die Identität des Opfers festzustellen. Fünfundzwanzig Jahre zuvor, im Sommer 1945, bringt die Norwegerin Åse Evensen ihre Tochter Katrine zur Welt. Weil sie sich mit einem deutschen Besatzungssoldaten eingelassen hat, muss Åse in ein Straflager – und Katrine wächst in einem ostdeutschen Waisenhaus auf. Sie wird adoptiert und erfährt erst 1970 die Wahrheit über ihre Herkunft. Als sie sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter begibt, ahnt sie nicht, wie gefährlich diese Reise ist.
 
Ich gebe zu, dass mir dieser Teil der Geschichte bisher völlig neu war. Und selbst in Norwegen ist es wohl bis heute ein Tabuthema. Kein Wunder, denn wer würde schon gerne zugeben, dass norwegische Frauen und Mädchen während und auch nach Ende des 2. Weltkrieges in Arbeitslager gesteckt wurden, weil sie ein Kind von einem deutschen Soldaten erwarteten? Und dann wurden ihnen die Kinder auch noch weg genommen, nach Deutschland geschickt und dort in Waisenhäuser gesteckt. 
 
Die Autorin schreibt im Nachwort, dass sie zufällig auf die Akte zur "Toten von Isdal" gestoßen ist und ihr dabei die Idee zu diesem Roman kam. So ist es ihr gut gelungen, das Thema der Straflager und die Zustände in den Anfängen der DDR in eine fiktive Handlung einzubauen. Auch wenn der größte Teil davon und auch die Figuren frei erfunden sind, kann man sich gut vorstellen, wie es damals gewesen sein muss und dass solche Schicksale wie die von Ase oder Katrine keine Seltenheit waren.
 
Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, der von Ase, der von Katrine/Kathrin und einer Ich-Erzählerin, die sich später als Nachfahrin von Ase entpuppt. Dadurch bekommt das Ganze noch mal ein realistischeres Bild. 
 
Fazit: Eine aufwühlende, ergreifende Geschichte, die ein Tabuthema anspricht und deutlich macht, dass nicht nur die Deutschen "Die Bösen" in diesem Krieg waren und auch andere Länder mindestens genauso viel Schuld auf sich geladen haben. 


Bewertung: 📖📖📖📖📕
 
 
 
 
 
 

2 Kommentare:

  1. Hallo Silke,
    das Buch ist nun gleich auf meine Wunschliste gewandert. Irgendwie ist es mir vorher noch gar nie aufgefallen.
    Zum Thema Norwegen/Deutschland....ich weiß, dass einige Kinder von deutschen Soldaten und norwegischen Frauen den Gebärenden weggenommen wurden. Die Frauen wurden zuerst in die Lebensborn Einrichtung gebracht und nach der Geburt wurden die Kinder, die blond und blauäugig waren an Adoptiveltern vergeben, die dem Regime treu ergeben waren.
    Dazu gibt es dieses Buch von Linda Winterberg empfehlen:
    https://martinasbuchwelten.blogspot.com/2016/05/das-haus-der-verlorenen-kinder-linda.html
    Ein 5 Sterne Buch von mir!!!
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Hallo Martina, wie gesagt, war mir dieses Thema bisher nicht bekannt. Und danke für den Buchtipp von Linda Winterberg, das schaue ich mir mal näher an.

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