Montag, 30. Juli 2018

Rezension: "Die Zeit der Kraniche" von Ulrike Renk

Zum Inhalt:
Die Prignitz in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges. Nachdem ihr Mann und ihre Schwiegermutter denunziert und von den Nazis verhaftet wurden, muss Frederike das große Gut Mansfeld alleine bewirtschaften und sich um ihre drei Kinder kümmern. Schlimmer als die Arbeit ist die Ungewissheit, da sie nichts von Gebhard hört. Schließlich macht sie sich auf den Weg nach Potsdam, um ihn zu besuchen und sieht dort zum ersten Mal die Auswirkungen des Krieges völlig zerstörten Berlin. Ihr wird klar, dass sie "auf dem Land" bisher noch recht glimpflich davongekommen sind. Trotzdem ist da immer die Bedrohung durch die Russen, denn die sowjetischen Truppen stehen quasi schon vor der Tür und der Krieg ist so gut wie vorbei. Viele Gutsbesitzer sind bereits geflohen, auch Frederikes Eltern haben ihr Gut Fennhusen in Ostpreußen verlassen. Freddy will allerdings nicht ohne ihren Mann gehen. Als Gebhard schließlich nach Hause kommt, weigert er sich, das Land seiner Väter einfach im Stich zu lassen. Leider wird aber schnell klar, dass sich nach Kriegsende das Regime zwar geändert hat, die Methoden aber kaum. Die russischen Besatzer nehmen Freddys Mann unter einem fadenscheinigen Vorwand fest und wieder steht sie alleine mit allem da. Schließlich muss sie selbst mit ihren Kindern fliehen, ihre Heimat verlassen und ganz neu anfangen. Aber wie soll das gehen ohne ihren Mann? Lebt er überhaupt noch? Mit Hilfe ihrer Familie versucht sie stark zu sein, aber die Ungewissheit ist zermürbend.

Wie auch schon in den Bänden vorher ist Frederike, Freddy, die Hauptperson. Inzwischen ist sie eine erfahrene Gutsfrau, die zwar ihre "Leute" hat, wie die Angestellten auf dem Gut genannt werden, aber sich auch nicht vor harter Arbeit scheut. 
Die letzten Monate des Krieges sind hart, aber irgendwie gelingt es Freddy immer, das Beste daraus zu machen und Lösungen zu finden. Selbst die französischen und russischen Kriegsgefangenen, die man ihnen von der Wehrmacht auf den Hof bringt, fühlen sich am Ende wohl und helfen freiwillig auf dem Gut.

"Die Zeit der Kraniche" ist der dritte und damit auch letzte Teil der Ostpreußen-Trilogie von Ulrike Renk. Und es war für mich zugleich das emotionalste und bedrückendste Buch der Reihe. Was aber auch klar ist, denn man kann über diese dunkle Zeit in Deutschland schließlich kein fröhliches, unbeschwertes Buch schreiben. Das wäre auch nicht richtig, denn es ist wichtig, dass über diese Jahre ehrlich erzählt wird. Und ich finde, das ist der Autorin sehr gut gelungen. 
Alles ist sehr authentisch beschrieben, die ständige Angst vor den Besatzern, der Wunsch, dass die Amerikaner vor den Russen da sein mögen. Überhaupt die Hoffnung, dass dieser unsinnige Krieg bald vorbei ist. Und die Unsicherheit, wie es danach weitergehen soll. Die Nazis sind zwar nicht mehr an der Macht, aber in Ostpreußen hat sich mit den russischen Besatzern nicht wirklich viel geändert. Mit der Zeit wird klar, dass Stalin nicht besser ist als Hitler und am liebsten ganz Deutschland zur Strafe unter russische Herrschaft stellen will. 
Natürlich gibt es auch ein paar schöne Momente und wie immer fand ich die Dialoge mit den Leuten amüsant, z. B mit der Köchin Lore. 

Nachdem ich das Buch gestern beendet hatte, musste ich das Gelesene erst einmal sacken lassen, denn wie schon gesagt, ist es keine leichte Kost. Ulrike Renk betont im Nachwort zwar, dass es sich um einen Roman und damit um Fiktion handelt, aber die historischen Ereignisse sind dies leider nicht.

Ich gebe eine absolute Leseempfehlung für diesen wunderbar geschriebenen Roman, ebenso wie für die ersten beiden Teile "Das Lied der Störche" und "Die Jahre der Schwalben".

Bewertung: ☥ ☥ ☥ ☥ ☥


©S. Klaus







Dienstag, 24. Juli 2018

Aktion Gemeinsam Lesen am 24.07.18



Nach längerer Zeit mache ich heute auch mal wieder mit bei der wöchentlichen Aktion der Schlunzenbücher

Wie immer gilt es, vier Fragen zu beantworten.

Frage 1: Welches Buch liest du gerade und auf welcher Seite bist du?
Ich lese "Die Zeit der Kraniche" von Ulrike Renk und bin auf Seite 168.


Frage 2: Wie lautet der erste Satz auf deiner aktuellen Seite?
Das Weihnachtsfest verging.


Frage 3: Was willst du unbedingt aktuell zu deinem Buch loswerden?
"Die Zeit der Kraniche" ist der dritte und damit leider letzte Teil der Ostpreußen-Trilogie von Ulrike Renk. Wir sind im Jahr 1944 und die mit einem Gutsbesitzer verheiratete Frederike muss sich allein um alles kümmern, ihre Kinder und das Gut in der Prignitz. Ihr Mann wurde von der Gestapo inhaftiert, obwohl er sich nichts zu schulden kommen lassen hat. Ich war schon von den ersten beiden Teilen begeistert und auch hier war ich nach ein paar Seiten schon wieder mittendrin im Gutsleben der damaligen Zeit mit all ihren kleinen und großen Problemen. 


Frage 4: An welchen wiederkehrenden Aktionen nehmt ihr noch so teil?
Es gibt eigentlich nur zwei Aktionen, an denen ich noch teilnehme, das aber auch nicht regelmäßig jede Woche. Zum einen ist das der Cover Theme Day bei Charleen immer mittwochs und dann noch der Top Ten Thursday, den Aleshanee auf ihrem Blog jeden Donnerstag veranstaltet. 


Und was lest ihr so? 




Montag, 23. Juli 2018

Rezension: "Das geheime Spiel" von Kate Morton

Zum Inhalt:
Mit 99 Jahren kann Grace Bradley auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Bevor sie "abtritt", möchte sie aber unbedingt ein Geheimnis lüften, das sie bereits 75 Jahre hütet. Begonnen hat alles im Jahr 1914 in Essex. Die erst vierzehnjährige Grace tritt ihre Stellung als Dienstmädchen auf dem herrschaftlichen Landsitz Riverton Manor der Familie Hartford an, wo schon ihre Mutter früher arbeitete. Besonders fasziniert ist sie von den Töchtern Hannah und Emmeline und wird später auch Hannahs Vertraute und Zofe. Die Mädchen führen ein sorgloses Leben zusammen mit ihrem Bruder David und verbringen ihre Ferien stets bei ihrer Großmutter auf Riverton Manor. 
Eines Tages bringt David einen Studienkollegen mit, den jungen Dichter Robert S. Hunter und diese Begegnung verändert das Leben von Emmeline und Hannah. Auch der erste Weltkrieg hinterlässt bald darauf seine Spuren und beeinflusst sowohl das Leben der Familie Hartford als auch das von Grace. 
Im Jahr 1924 passiert während einer Sommernachtsparty etwas Schreckliches, über das Grace lange Zeit schweigt. Erst 75 Jahre später, als ein Film über den Dichter Robert S. Hunter gedreht wird, bricht Grace endlich ihr Schweigen. Sie weiß, sie hat nicht mehr viel Zeit und will endlich erzählen, was damals am See passierte.

"Das geheime Spiel" ist der erste große Roman dieser Art von Kate Morton. Wie in ihren anderen Geschichten geht es auch hier um Familiengeheimnisse und große Gefühle. Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Zunächst lernen wir die ältere Grace kennen, die im Jahr 1999 Post von einer Filmproduzentin bekommt, die das Leben des Dichters Robert S. Hunter auf die Leinwand bringen möchte. Hunter hat sich im Jahr 1924 in Riverton das Leben genommen, was seine Figur um so tragischer macht. Nach und nach erzählt Grace dann von ihrem Leben als Dienstmädchen auf Riverton und wie sie zum ersten Mal auf Hannah und Emmeline traf. Unwillkürlich musste ich an "Das Haus am Eaton Place" oder "Downton Abbey" denken, denn auch hier ist das Leben der Dienstboten und der "Herrschaften" streng getrennt und es gibt ungeschriebene Regeln und Gesetze, die zu befolgen sind. Der Butler hat das Sagen beim Personal und erfüllt seine Aufgaben mit Stolz, selbst noch, als der Rest der Welt im Ersten Weltkrieg unterzugehen scheint. Nach dem Motto, wenn schon überall sonst Chaos herrscht, dann muss wenigstens auf Riverton alles seinen gewohnten Gang gehen. 
Kate Morton schreibt, dass besonders die Zeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts sie schon immer fasziniert hat. Und das merkt man, denn sie schreibt sehr lebendig und anschaulich und durch die Erzählperspektive war ich immer hautnah dabei, habe Grace stets in den Räumen von Riverton und später in London begleitet. 
Sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit mochte ich Grace sehr. Auch Hannah war mir sehr sympathisch und das Schicksal der Hartford-Schwestern hat mich sehr berührt.

Fazit: Ein gelungenes Debüt, eine interessante Familiengeschichte und große Gefühle, aber ohne Kitsch. Ein paar Dinge sind allerdings offen geblieben und ich hätte mir gewünscht, dass darauf mehr eingegangen worden wäre.

Bewertung: ☥ ☥ ☥ ☥ 


©S. Klaus


Donnerstag, 19. Juli 2018

Neuzugang in dieser Woche


Vorgestern kam meine Vorbestellung an:



Es ist der dritte und damit leider letzte Teil der Ostpreußen-Trilogie von Ulrike Renk. Morgen beginnt dann bei den Büchereulen dazu die Leserunde zusammen mit der Autorin.
Ich bin schon sehr gespannt, wie es mit Frederike weitergehen wird und ob es schließlich ein gutes Ende für sie gibt. 

Montag, 9. Juli 2018

Rezension: "Ewige Schuld" von Linda Castillo

Kate Burkholder, Polizeichefin in der Kleinstadt Painters Mill, erhält die Nachricht, dass Joseph King aus dem Gefängnis geflohen ist. King, ein gefallener Amischer, der ständig Ärger mit dem Gesetz hatte, wurde vor zwei Jahren wegen des Mordes an seiner Frau Naomi verurteilt. Er hat aber immer seine Unschuld beteuert. Seine fünf Kinder leben seitdem bei Naomis Schwester und ihrem Mann in der Amisch Gemeinde in Painters Mill. Der Sheriff befürchtet, dass King versuchen könnte seine Kinder zu holen und als Kate eines Abends dort nach dem Rechten sehen will, wird sie von King überwältigt und zusammen mit seinen Kindern im Haus der Familie festgehalten. Wieder beteuert er, dass er seine Frau nicht erschossen hat und fordert von Kate, dass sie seine Unschuld beweisen und den wahren Mörder seiner Frau finden soll. Solange bleiben die Kinder bei ihm. Kate lässt sich darauf ein, denn sie will nicht nur, dass den Kindern nichts passiert. Sie und Joseph King kennen sich von früher, ihre Farm grenzte an die der Kings und als Kinder haben sie nach getaner Arbeit zusammen viel unternommen. Tief im Herzen will Kate an die Unschuld ihres Jugendfreundes glauben. Aber ist der Joseph King von heute wirklich noch derselbe wie damals?

"Ewige Schuld" ist bereits der neunte Fall für Kate Burkholder, Chief of Police von Painters Mill in Ohio. Und wieder hat mir das Buch von Anfang bis Ende super gefallen. Das Besondere an der Reihe ist für mich, dass sie in der Gemeinde der Amischen spielt, dadurch unterscheidet sie sich von anderen Thrillerserien. Kate Burkholder war selbst einmal eine Amische und kennt sich deswegen in dieser Art der Lebensgemeinschaft aus, auch wenn ihr gerade deswegen viele mit Misstrauen begegnen. Sie ist eine "Englische" und gehört nicht mehr dazu, hat das "schlichte Leben" abgewählt. Aber ihre jahrelange Zugehörigkeit hilft ihr natürlich bei ihrer Arbeit, denn sie versteht die Lebensweise und die Regeln der Amischen besser als jeder Andere. 

Die ganze Geschichte ist lebendig geschrieben und die Handlung bis zum Schluss durchdacht. Es gibt neben spannenden Szenen auch witzige und emotionale Momente. Kates Lebensgefährte Tomasetti ist natürlich auch wieder dabei, hat aber insgesamt einen kleineren Part. Dafür erfährt man in Rückblenden ein bisschen mehr über die jüngere Kate im Teenageralter. Trotzdem steht aber der Fall hier im Vordergrund. 

Linda Castillo ist es wie immer gelungen, mich von Anfang bis Ende gut zu unterhalten und das ist es, was ein gut geschriebener Thriller tun sollte. 

Bewertung: ☥ ☥ ☥ ☥ ☥


©S. Klaus




Mittwoch, 4. Juli 2018

Rezension: "Vergessene Seelen" von Frank Goldammer

Dresden, 17. Juni 1948. Kriminaloberkommissar Max Heller wird zu einer Baustelle gerufen. Nicht ungewöhnlich, denn drei Jahre nach Kriegsende ist die Stadt im Grunde eine einzige Baustelle, auch wenn unermüdlich am Wiederaufbau gearbeitet wird. Auch Hellers Frau Karin arbeitet als Trümmerfrau. In einer Baugrube wird ein vierzehnjähriger Junge tot aufgefunden. War es ein Unfall oder musst der Junge sterben? Als Heller die Nachricht vom Tod ihres Sohnes seiner Mutter überbringt, reagiert diese ziemlich gleichgültig. Und die anderen kleineren Kinder sind total verängstigt. Der Vater ist erst vor kurzem traumatisiert aus der Kriegsgefangenschaft gekommen und dem Alkohol verfallen und tyrannisiert anscheinend seine Familie. Hat er etwas mit dem Tod des Jungen zu tun?
Die Ermittlungen werden nicht einfach und es gibt noch einen Toten. Erschwert wird Heller die Arbeit auch durch andere Behörden. Hinzu kommt die Sorge um die Zukunft, politisch und persönlich. Zusammen mit seinem loyalen Mitarbeiter Oldenbusch setzt er alles dran, den Tod des Jungen aufzuklären.

Nach "Der Angstmann" und "Tausend Teufel" ist "Vergessene Seelen" der dritte Fall für den Dresdner Polizisten Max Heller. Und auch dieser hat mir wieder sehr gut gefallen. Frank Goldammer gelingt es wie auch schon vorher, die damalige Zeit wieder lebendig werden zu lassen. Mit atmosphärischen Bildern lässt er Heller durch die immer noch zerstörte Stadt laufen und ich sah alles beim Lesen ganz klar vor mir, als wäre ich dabei gewesen. Max Heller ist kein Superheld, er versucht nur irgendwie ein halbwegs normales Leben zu führen und einen guten Job zu machen, wünscht sich ein bisschen Normalität für sich und seine Familie. Auch wenn es nicht einfach ist, bemüht er sich soweit wie möglich politisch neutral zu sein. 

Die Geschichte ist spannend und es gibt immer wieder neue Wendungen, so dass bis zum Schluss nicht klar ist, wie alles zusammenhängt. Die Auflösung war dann für mich schlüssig und nachvollziehbar. 

Insgesamt kann ich auch diesen Krimi wieder empfehlen, denn er ist sehr gut geschrieben, bietet Spannung von Anfang bis Ende und hat neben emotionalen Szenen auch ein paar Situationen zum Schmunzeln. Und man taucht ein in eine Zeit, die nicht in Vergessenheit geraten sollte. 

Bewertung: ☥ ☥ ☥ ☥ ☥


©S. Klaus