Freitag, 23. November 2012

Edgar Allan Poe: Das Geisterschloss

In der Täler grünstem Tale hat, von Engeln einst bewohnt,
Gleich des Himmels Kathedrale golddurchstrahlt ein Schloß gethront.
Rings auf Erden
diesem Schlosse keines glich;
Herrschte dort mit reichem Trosse der Gedanke
 – königlich.

Gelber Fahnen Faltenschlagen floss wie Sonnengold im Wind

Ach, es war in alten Tagen, die nun längst vergangen sind!
Damals kosten süße Lüfte Lind den Ort,
Zogen als beschwingte Düfte Von des Schlosses Wällen fort.

Wandrer in dem Tale schauten durch der Fenster
 lichten Glanz
Genien, die zum Sang der lauten Schritten in gemessnem Tanz
Um den Thron, auf dem erhaben, marmorschön,
Würdig solcher Weihegaben, war des Reiches Herr
 zu sehn.

Perlen- und rubinenglutend war des stolzen Schlosses Tor,
Ihm entschwebten flutend, flutend Süße Echos, die im Chor,
Weithinklingend, froh besegen – Süße Pflicht! –
Ihres Königs hehres Prangen in der Weisheit Himmelslicht.

Doch Dämonen, schwarze Sorgen, stürzten roh des Königs Thron. –
Trauert, Freunde, denn kein Morgen wird ein Schloss wie dies umlohn!
Was da blühte, was da glühte – Herrlichkeit! –
Eine welke Märchenblüte ist's aus längst begrabner Zeit.

Und durch glutenrote Fenster werden heute Wandrer sehn
Ungeheure Wahngespenster grauenhaft im Tanz
sich drehn;
Aus dem Tor in wildem Wellen, wie ein Meer,
Lachend ekle Geister quellen – Weh! sie lächeln niemals mehr!


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